In dieser Folge sprechen Abri und Robert über das Thema Höflichkeit. Was genau bedeutet es eigentlich, höflich zu sein und was muss man dabei in Deutschland beachten? Wann ist man unhöflich? Wer oder was ist eigentlich der Knigge? Antworten auf diese und weitere Fragen bekommst du in dieser Podcast-Folge. Viel Spaß beim Hören, Lesen und Lernen.
Podcast
Fragen
Übungen zum Thema Höflichkeit
Podcast-Transkript
Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zu einer neuen Folge des Deutsch-Training-Podcasts. Unser heutiges Thema ist Höflichkeit.
Hallo Robert!
Hallo Abri!
Was verstehst du denn unter Höflichkeit?
Höflichkeit ist, wenn jemand einen begrüßt und vielleicht sogar dabei lächelt und – ja nett ist und sich gut benimmt –
Ja.
Dann ist das schon für mich Höflichkeit.
Also wenn eine Person „Guten Tag!“ sagt, eine Person „Danke und Bitte!“ sagt „Auf Wiedersehen!“ sagt –
Genau.
Also ein bisschen kommuniziert und freundlich ist – respektvoll, vielleicht ein bisschen zurückhaltend. Das bedeutet also, dass die Person nicht mit der Tür ins Haus fällt, also dass die Person nicht distanzlos ist und keine unangenehmen Fragen stellt. Generell Rücksicht nimmt auf die Gefühle der anderen Person.
Ich finde, die Mimik spielt dabei auch eine große Rolle. Es gibt ja Personen, die zwar „Hallo!“ sagen oder „Guten Tag!“ beispielsweise an der Kasse, aber sie haben dabei einen, ja, grimmigen Blick und dann kommt das nicht so höflich rüber, wie wenn jemand dabei lächelt oder freundlich schaut.
Ja, wobei ich glaube, dass das vielleicht eher die Freundlichkeit ist. Ich finde, dass man Höflichkeit nicht mit Freundlichkeit verwechseln sollte, weil Höflichkeit und Freundlichkeit zwei verschiedene Sachen sind, meiner Ansicht nach.
Kann ich nachvollziehen, deine Argumentation, aber ich finde auch hier sprechen wir von Kommunikation. Ich erinnere dich noch einmal kurz an die Folgen, die wir dazu aufgenommen haben, die sich unsere Hörerinnen und Hörer ja auch noch einmal anhören können. Kommunikation umfasst ja auch das Nonverbale und auch zu Höflichkeit, finde ich, zählt die Mimik und auch das, was wir außerhalb des verbalen tun.
Ja, es geht bei Höflichkeit vor allem auch um gewaltfreie und respektvolle Kommunikation. Und du hast recht, wenn jemand ganz böse schaut und jemanden ganz böse anguckt, dann ist das nicht höflich. Da hast du recht. Aber ich finde nicht, dass jemand sich total freuen muss und lachen muss und fröhlich sein muss, um höflich zu sein.
Das stimmt.
Das ist ein Mittelding.
Genau, das ist ein Mittelding. Und wie gesagt, es hat eine bestimmte Wirkung, wenn jemand höflich “Guten Tag!“ sagt und dabei einen freundlichen Gesichtsausdruck hat. Im Gegenzug dazu, kann jemand „Guten Tag!“ sagen, aber sehr grimmig oder böse schauen, dann hat es eine nicht höfliche Wirkung, finde ich.
Das stimmt. Es kommt natürlich auch immer darauf an, wie man etwas sagt.
Genau.
Man kann es ja auch sehr böse sagen „Guten Tag!“
Ja.
Dann ist das mit Sicherheit nicht höflich. Das stimmt. Höflichkeit ist ja im Prinzip ein Teil unserer Kultur. Es ist ja ein Teil unserer Sitten und Gebräuche, das heißt es gibt in der Erziehung oder in in der Gesellschaft gibt es einen Konsens, dass jeder weiß, was höflich ist und dass auch jeder wissen sollte, was nicht höflich ist.
Ja.
Wir sehen das auch manchmal vielleicht, wenn verschiedene Kulturen zusammenkommen, dass es manchmal so kleine Missverständnisse gibt und wenn jemand keine interkulturelle Kompetenz hat, dass manche Kleinigkeiten dann auch übel genommen werden. Also, dass man vielleicht ein bisschen beleidigt ist, wenn eine Person etwas macht, was zum Beispiel in meiner Kultur unhöflich ist, aber die Person weiß das gar nicht.
Genau.
Das heißt, es ist so ein Teil der sozialen Normen und der Umgangsformen. Mir fällt bei Höflichkeit immer der Name Knigge ein. Hast du schon mal Knigge gehört?
Ja, na klar, das kenne ich. Das kenne ich in in Bezug auf Tischmanieren ganz besonders.
Genau. Knigge ist ein Buch also Knigge ist eine Person, ein Mensch, der ein Buch geschrieben hat über Umgangsformen, also gutes Benehmen, zum Beispiel Tischmanieren, wie man sich am Tisch verhalten sollte, wie man mit Messer und Gabel isst und so weiter. Früher waren diese Manieren sehr, sehr wichtig. Ich glaube heute, ist es immer noch wichtig, dass man höflich ist, aber manche Kleinigkeiten werden nicht mehr so genau genommen.
Genau zum Beispiel sehr aufrecht sitzen am Tisch oder das Besteck von links außen nach innen quasi benutzen. Ich glaube darauf achtet nicht jeder.
Oder mit den Beinen, nicht breitbeinig in der Bahn zu sitzen, sondern die Beine geschlossen zu halten. Das ist mir auch vorgestern noch mal aufgefallen, dass da auch wirklich nicht jeder darauf achtet, dass manche Leute in der Bahn sitzen, als wenn es ein Strandkorb oder ein Strandstuhl wäre, was ja auch okay ist, wenn man langen Tag hatte. Aber ich glaube, dass es früher vielleicht eher kritisiert worden wäre als heute.
Oder weil du gerade die Bahn erwähnst. Häufig beobachtet man ja, dass ältere Leute in die Bahn steigen, und dann ist man so höflich und macht diesen Leuten den Platz frei, wenn es gerade keine anderen Plätze gibt. Auch das ist höflich.
Das ist auch höflich, ja, es ist rücksichtsvoll. Und wenn man manchmal nicht weiß, was höflich ist und was unhöflich ist, dann kann man sich immer damit helfen, dass man sich überlegt was ist jetzt rücksichtsvoll? Was kann ich machen, um Rücksicht zu nehmen? Was kann ich machen, um Respekt zu zeigen? Das ist zum Beispiel Höflichkeit, oder wenn ich zum Beispiel durch eine Tür gehe und hinter mir noch eine weitere Person kommt, dass ich dieser Person die Tür aufhalte.
Da kommt mir eine bestimmte Situation in den Sinn. Wenn ich samstags zum Bäcker gehen, da laufe ich auch tatsächlich hin. Mittlerweile laufe ich ja nur noch, seitdem ich kein Auto mehr haben. Aber wenn ich zum Bäcker gehe und dann zur Tür reinkomme und ich ganz höflich mit „Guten Morgen!“ begrüßt werde und mir angeboten wird, frische Brötchen zu kaufen, dann empfinde ich das immer als sehr angenehm. Im Gegenzug dazu hatte ich auch Situationen, wo jemand an der Kasse oder in einem Geschäft wirklich nicht mal begrüßt hat. Kein „Danke!“, kein „Auf Wiedersehen!“ und ich muss sagen, das fühlt sich schon – das fühlt sich nicht schön. Das nimmt man als Kunde auch mit, man geht raus und denkt sich oh je, das wäre doch auch besser gegangen. Hast du so etwas schon mal erlebt?
Ja, natürlich. Also beide Situationen einerseits, wo man ganz besonders freundlich begrüßt wird. Und das ist wirklich schön, weil man sich persönlich auch gut fühlt und man ist dann auch sehr nett und begrüßt die andere Person auch freundlich und das ist eine schöne Atmosphäre. Und gleichzeitig kenne ich natürlich auch die Situation, wo man unfreundlich begrüßt wird oder auch gar nicht begrüßt wird, also, wo man als Kunde zum Beispiel zum Bäcker kommt. Und man grüßt höflich oder auch freundlich, und die Person guckt einen an und grüßt nicht und bedient einen auch nicht, sondern bedient dann vielleicht eine andere Personen, die nach mir gekommen ist. So eine Situation hat natürlich das Potenzial, einem den Tag ein bisschen zu vermiesen, je nachdem, wie intensiv diese Situation war oder wie man diese Situation wahrnimmt. Aber normalerweise muss ich sagen, sind die Leute meistens ziemlich freundlich. In kleineren Städten habe ich das Gefühl, dass die Leute noch ein bisschen freundlicher sind. Aber das ist nicht generell so. Also ich denke, wenn man jetzt in einem touristischen Bereich in einer Großstadt ist, dann sind die Leute vielleicht ein bisschen gestresster als irgendwo auf dem Land, wo jeder Zeit hat und jeder jeden kennt und jeder ein bisschen spricht, wenn man sich sieht. Aber wir sprechen ja nicht über Freundlichkeit, sondern über Höflichkeit und ich habe eine – ein Zitat, das hat Clemens Graf von Hoyos gesagt, von der Deutschen Knigge-Gesellschaft. Er hat gesagt: „Höflichkeit dient dazu, konfliktfrei durch den Alltag zu kommen. Es ist die Wahrung der richtigen Distanz und der angemessenen Nähe.“ Und ich finde, dieses Zitat greift das auf, was wir am Anfang gesagt haben. Also man sollte Distanz wahren, man sollte nicht zu neugierig sein, man sollte der Person auch nicht zu nahe kommen, aber gleichzeitig die angemessene Nähe. Man sollte auch nicht zu distanziert sein, sondern man sollte eine bestimmte Freundlichkeit ausstrahlen und nicht ganz neutral sein, sondern eben leicht freundlich sein.
Und wie –
Das ist Höflichkeit.
Wie du vorhin gesagt hast, da gibt es interkulturelle Unterschiede. Ich kenne das aus anderen Kulturen, da spielt die Distanz zum Beispiel keine große Rolle. Da ist es ganz normal, dass man jemanden, den man nicht kennt, vielleicht auch mal an an die Schulter klopft oder direkt die Hand reicht, während das hierzulande also bei uns in Deutschland doch etwas distanzierter ist, so wie ich es wahrnehme. Was meinst du, Robert?
Ja, ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es zum Beispiel in Italien und Spanien ein bisschen weniger distanziert ist als vielleicht in Deutschland und dass es in Deutschland weniger distanziert ist als vielleicht in Schweden. Aber ich muss ehrlich sagen, ich habe nicht das Gefühl, dass es überall in Deutschland gleich ist.
Ja.
Und deswegen glaube ich nicht, dass man vergleichen kann wie es in Deutschland ist, mit Frankreich oder Deutschland mit Italien. Ich denke, dass es auch verschiedene Regionen in Italien, in Deutschland gibt, wo es auch noch mal anders ist.
Definitiv.
Süditalien ist ja auch anders als Norditalien. Und ich würde sagen, dass zum Beispiel der Raum Köln sehr, sehr offen, sehr tolerant ist –
Ja.
Ja, dass man dort auf die Menschen zugeht, dass man sich mit Menschen unterhält, die man nicht kennt. Und dass es vielleicht in anderen Regionen in Deutschland nicht so ist, dass die Menschen eher distanziert sind.
Genau.
Nicht weil sie unfreundlich sind, sondern weil es einfach nicht zur Mentalität gehört.
Das habe ich auch so erlebt. Und weil du gerade sagst, der Raum Köln – besonders da merkt man, dass wirklich die Menschen, die dort leben, distanzloser sind und ich finde es sehr angenehm. Ich erlebe das auch immer sehr positiv. Ich habe das auch in Berlin so erlebt, dass man dort einfach mit jemandem reden konnte und dass das nicht komisch war und sich nicht komisch angefühlt hat.
Wobei man ja auch sagt, dass die die Berliner manchmal ein bisschen unhöflich sein können, so in der Mentalität.
Aber daran merkt man ja auch, dass es, wie du schon sagst, große Unterschiede gibt. Ich habe es sehr positiv empfunden und sehr positiv erlebt und ich denke, dazu gibt es für alle Städte und Länder Beispiele. Positiv- und auch Negativbeispiele, ja.
Genau. Es ist ja – sind ja immer individuelle Erfahrungen, die man macht.
Genau.
Man man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Man kann nicht alles verallgemeinern.
Du hast vorhin schon einige Dinge genannt, die deiner Meinung nach zu Höflichkeit zählen. Was ist dir denn im Alltag besonders wichtig? Jetzt im Job oder auch in der Familie oder generell, was ist dir wichtig? Also mir ist es zum Beispiel wichtig, dass man jemanden begrüßt, wenn man irgendwo reinkommt, dass man jemanden auch verabschiedet, dass man „Danke!“ und „Bitte!“ sagt, das setze ich voraus und erwarte ich. Wie ist das bei dir?
Bei mir ist das ähnlich. Ich weiß zum Beispiel, dass auch meine Kolleginnen und Kollegen es sehr schätzen und gut finden, wenn eine Person den Raum betritt und „Guten Tag!“, sagt, wenn man die Hand gibt, wenn man Leuten ins Gesicht, in die Augen schaut, also nicht die Hand geben und auf den Boden schauen. Wenn man einen festen Händedruck hat. Es ist ganz schrecklich, wenn jemand die Hand nicht drückt, sondern einfach nur die Hand hinhält und man so eine Art kleinen Waschlappen in der Hand hat. Das sind so Kleinigkeiten. Ich – manchmal fühle ich mich dann auch ein bisschen kleinlich oder ein bisschen intolerant, wenn ich das als Bewertung anlege und wenn ich sage: „Ich weiß nicht, ob die Person mir sympathisch ist. Die Person hat mich nicht angeschaut. Die Person hat nicht guten Tag gesagt. Die Person hat nicht Auf Wiedersehen gesagt. Ich habe die Person vorgelassen, sie hat nicht Danke gesagt“. Dann ist es manchmal so, dass ich die Person nicht wirklich ernst nehme. Was aber auch nicht gut ist, weil vielleicht gibt es bestimmte Gründe, warum die Person so ist. Vielleicht hat die Person einen schlechten Tag. Vielleicht ist das in der Kultur der Person anders.
Ja.
Aber es ist manchmal schwierig, in jeder Situation hundertprozentig auf Menschen einzugehen und hundertprozentig das herauszufinden, was eine Person gerade denkt und gerade fühlt und das eigene Verhalten anzupassen. Deswegen ist es ja so, dass wir eine bestimmte Kultur haben, eine bestimmte Tradition und dass wir viele Sachen verstehen, ohne zu sprechen, weil man einfach einen gemeinsamen Nenner hat, weil man einfach eine gemeinsame Basis hat, auf der man kommuniziert. Und das ist eben die Kultur. Und das ist auch die die Höflichkeit. Was ich auch wichtig finde bei der Höflichkeit, ist eine klare Kommunikation und auch eine faire Kommunikation. Was bedeutet, wenn ich bemerke, dass ich einen Fehler gemacht habe, dass ich mich falsch ausgedrückt habe und dass es deswegen ein Missverständnis gibt, dann entschuldige ich mich und nehme es hin, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich kenne aber auch Leute und Situationen, in denen die Personen versuchen, Recht zu haben und versuchen, ihren Fehler nicht sichtbar zu machen, also ihren Fehler zu überspielen und sagen: „Nein, das haben Sie falsch verstanden. Eigentlich habe ich das gesagt“. Und ich finde das sehr, sehr unhöflich, wenn man jemandem anderen die Schuld gibt, obwohl man weiß, dass man selbst einen Fehler gemacht hat. Und das hat auch etwas mit guter und offener Kommunikation zu tun, dass man auch seine eigenen Fehler eingestehen kann. Das ist für mich auch Höflichkeit.
Ja, das würde ich auch dazu zählen. Und was mir auch noch einfällt, ist, du kennst das mit Sicherheit auch. Es gibt im Bekannten- oder Freundeskreis immer mal jemanden, der gerne am Handy ist und während man am Tisch sitzt oder irgendwie zusammensitzt immer wieder aufs Handy schaut. Das finde ich auch immer sehr unhöflich, wenn ich die Zeit für jemanden einräume und ich muss, ich muss mir tatsächlich Zeit nehmen, und die nehme ich mir auch gerne, dann möchte ich die auch wirklich mit dem oder derjenigen verbringen und nicht permanent mit jemandem sprechen, der eigentlich mit dem Handy beschäftigt ist.
Ja, das kann ich gut verstehen. Ich weiß nicht, ob ich altmodisch bin, das hat sich ein bisschen geändert in den letzten Jahren. Aber früher fand ich das extrem unhöflich, wenn eine Person im Zug oder im Bus laut telefoniert hat.
Schrecklich.
Ja, findest du das unhöflich?
Ich empfinde das auch als sehr unhöflich. Also, wenn ich – ich habe die Situation schon ein paar mal erlebt, dass ich in den Zug gestiegen bin am Nachmittag und ich war geschafft von meinem Tag und meistens lese ich etwas oder höre etwas und wenn dann jemand im im Waggon sitzt und wirklich sehr laut telefoniert, ist das sehr unangenehm. Und man merkt auch an dem Umfeld, an den Leuten, die auch da sitzen, dass es denen genauso nicht gefällt. Also, du bist nicht allein mit dieser Meinung, Robert.
Ja, aber es ist doch interessant. Hast du das Gefühl, dass die Leute etwas sagen? Also hast du schon mal mitbekommen, dass eine Person etwas gesagt hat und gesagt hat: „Entschuldigung, das stört mich, das ist zu laut.“
Ja, das habe ich schon einmal erlebt. Aber oftmals unterhalten sich die Leute dann leise darüber oder ja, schauen sich an und man kann an den Blicken erkennen, dass – dass dieses Telefongespräch, was da in diesem Waggons stattfindet, einfach nur stört.
Ich habe es bisher nur einmal erlebt, dass jemand was gesagt hat, ja.
Ja, und das ist zum Beispiel auch eine Art von Höflichkeit, dass man versucht, die Distanz des anderen zu respektieren, obwohl der andere stört.
Ja.
Und mir ist aufgefallen, dass das in Deutschland vielleicht etwas stärker ist, dass die Leute ein bisschen zurückhaltender sind. Mir ist das in anderen Ländern aufgefallen, dass in so einer Situation sofort jemand etwas sagt und sagt: „Entschuldigung, das ist zu laut, das geht so nicht.“ oder – oder so. Und das es hier eher so ist, dass die Leute weniger sagen, aber das kann auch nur an der Region liegen.
Du hast erwähnt, dass man Konflikte vermeiden möchte. Und das ist ja auch ein Grund, man möchte ungern irgendwie in eine Streitsituation geraten oder in ein Gespräch geraten, das unangenehm ist. Und deswegen ist man da doch lieber ruhig und sagt nichts, als dass man sich beschwert und die andere Person das irgendwie negativ aufnimmt.
Ja, man kann auch sagen, dass Höflichkeit oder überhaupt Sitten und Gebräuche und so weiter ein Einverständnis ist von allen Leuten, die in einer Gesellschaft leben, dass wir das brauchen, um zusammenzuleben. Also Höflichkeit ist im Prinzip ein Konzept, das wir benutzen, um gut miteinander leben zu können und zwar nicht zu zweit oder zu dritt, sondern mit vielen Millionen Menschen in einem Land
Ja.
Und mit vielen Milliarden Menschen auf einem Planeten. Und deswegen ist Rücksichtslosigkeit so schlecht und Rücksicht so wichtig, dass man Respekt zeigt. Denn wenn jeder rücksichtslos wäre, dann würde das nicht funktionieren. Wenn man in einer Bahn sitzt und eine Person spricht superlaut oder telefoniert superlaut, dann kann das natürlich funktionieren für diese eine Person. Aber wenn alle hundert in der Bahn superlaut telefonieren, dann funktioniert das nicht mehr. Dann versteht keiner keinen. Ja, und ich glaube, das macht Höflichkeit aus, dass man sich überlegt: Kann, das funktionieren, wenn das jeder macht. Und wenn man die Frage mit Ja beantworten kann, dann ist man wahrscheinlich sehr höflich, denke ich.
Eigentlich erlebe ich überwiegend positive Situationen. Man erinnert sich natürlich an die eine oder andere Situation, in der andere nicht höflich waren. Ich überlege jetzt gerade, ob ich mal unhöflich war, wenn, dann war ich es wahrscheinlich unterbewusst. Aber mir fällt jetzt nicht ein, dass ich gezielt unhöflich zu jemandem war.
Ach doch, da fallen mir schon ein paar Sachen ein, also nicht wo du unhöflich warst, aber wo ich unhöflich war, normalerweise als Reaktion. Also eigentlich versuche ich immer höflich zu sein, aber manchmal, wenn man sehr oft unterwegs ist und so weiter, dann passieren einem manchmal Situationen, dass man auf Menschen trifft und sich denkt: Nein, so geht es nicht. So kann man nicht mit anderen Menschen sprechen. Und eigentlich arbeite ich daran, dass ich auch in solchen Situation trotzdem höflich bleibe. Aber die Hörerinnen und Hörer kennen es bestimmt, dass man irgendwann auch keine Geduld mehr hat, wenn eine andere Person so böse und so unverschämt ist, dass man dann auch sein eigenes Verhalten ändert, was eigentlich nicht okay ist. Denn eigentlich sollte man trotzdem höflich bleiben, weil man sich oft darüber ärgert, wenn man unhöflich geworden ist. Also ich zumindest. Ich denke manchmal im Nachhinein: Schade, warum habe ich mich dazu hinreißen lassen, auch unhöflich zu sein? Warum bin ich nicht einfach höflich geblieben und habe mir gedacht okay, die Person hat vielleicht einen schlechten Tag. Die Person hat eigene Sorgen. Warum soll ich mich mit der Person streiten.
Wenn du jetzt gerade erzählst – als Reaktion. Du warst unhöflich als Reaktion, kann ich mich, glaube ich, auch nicht mehr rausnehmen. Man hört ja – auch, insbesondere von älteren Leuten: „Ja, früher gab es noch Höflichkeit und früher war das noch anders und man hat sich begrüßt und man hat einander geholfen und man hat seine Mitmenschen wahrgenommen.“ Würdest du bestätigen, dass es so ist, dass es da eine Veränderung gibt im Laufe der letzten 10/20 Jahre? Oder sagst du, es ist einfach nur etwas, was den älteren Leuten auffällt, aber gar nicht wirklich stattfindet.
Ich würde antworten mit: Jein, mit ja und nein und ich würde differenzieren. Also bezüglich des Benehmens, also wie Manieren, Tischmanieren und so weiter. Da würde ich sagen, dass es früher einen stärkeren Fokus darauf gab, also dass man vielleicht früher mehr darauf geachtet hat, auf gutes Benehmen. Das ist heute etwas lockerer. Bezüglich Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit also ich kann natürlich nicht sagen, wie es vor 50 Jahren war, weil ich da nicht auf der Welt war. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass es früher alles so viel besser war. Ich glaube, dass uns unser Gehirn einen Streich spielt und dass man viele Situationen später in guter Erinnerung hat und die schlechten Dinge vergisst. Also ich persönlich glaube nicht, dass es früher so viel besser war. Oder anders gesagt, ich erlebe in meinem Umfeld immer noch sehr viel Hilfsbereitschaft, sehr viel Höflichkeit, sehr viel Rücksicht und habe nicht das Gefühl, dass alle Menschen rücksichtslos sind.
Also ich erlebe das bei Jugendlichen. Die Sprache hat sich ja auch geändert.
Ja.
Und anstatt jemanden freundlich zu begrüßen und vielleicht auch oder höflich zu begrüßen und ein kurzen Einleitungssatz zu sagen, tilgt man das, also man löscht das alles und steigt dann beim Eigentlichen ein. Und ich finde das schade, weil ich finde es höflich, wenn man begrüßt und wenn man in einem Einleitungssatz auch sagt, was man möchte und dann sozusagen zur eigentlichen Sache kommt.
Ich finde, dass du da ein, einen sehr wichtigen Punkt ansprichst, nämlich Höflichkeit in der Sprache. Und das ist vielleicht für unsere Hörerinnen und Hörer auch sehr interessant, weil ein großer Teil der Höflichkeit nicht darüber geht, was man macht, sondern wie man es macht. Das heißt, ich kann auch eine Sache machen, die ich höflich mache. Dann ist sie höflich, oder ich kann eine Sache machen, die dann unhöflich wird, weil ich vielleicht nicht die richtigen Worte gewählt habe. Und ich würde den Hörerinnen und Hörern sehr empfehlen, sich noch mal ganz genau die höflichen Bitten, in der deutschen Sprache anzuschauen. Wir können auch gerne was auf die Webseite stellen, das, dass die Hörerinnen und Hörer das noch einmal wiederholen können und sich noch mal anschauen können. Ich hätte gerne, ich würde gerne, Entschuldigung, könnten Sie bitte, das sind Höflichkeitsformen in der Sprache, die wichtig sind. Und wenn man eine Bitte formuliert mit ich will, dann ist es direkt unhöflich. Also wenn man jetzt zum Beispiel im Restaurant sitzt und sagt: „Ich will eine Cola oder ich will ein Wasser“, dann wird der Kellner wahrscheinlich nicht böse reagieren. Aber er wird sich denken oh, das ist aber ein unhöflicher Gast und die gleiche Bestellung mit den Höflichkeitsformen, ich hätte gerne ein Glas Wasser, ich hätte gerne eine Cola, klingt wieder ganz anders. Das heißt die Höflichkeit wird zum großen Teil auch über die Sprache weitergegeben.
Genau und weil alles so schnelllebig ist und weil alles so schnell und ja unkompliziert verlaufen soll, finde ich, gehen solche Dinge verloren im – im Alltag. Und das finde ich ganz schade.
Ja, aber es kommt wahrscheinlich immer noch darauf an, mit wem man kommuniziert und und vielleicht, wo man kommuniziert. Ich finde nicht, dass es komplett verloren geht. Aber ich finde, dass es irgendwie offener geworden ist. Ich habe auch das Gefühl, dass die Gesellschaft nicht mehr so hart reagiert, wenn jemand sich außerhalb der Höflichkeitsnormen bewegt, sondern dass man heutzutage eher versucht, Verständnis zu zeigen, was ein richtiger Weg ist. Aber ich glaube auch, dass es eine eine Grenze gibt für das Verständnis. Denn wenn wir alle miteinander leben möchten, dann müssen alle ein bestimmtes Minimum an Höflichkeit mitbringen, denke ich. Also niemand kann sich komplett nur so verhalten, wie es ihm gerade passt, wie er gerade will, sondern er muss natürlich auch immer ein bisschen auf seine Mitmenschen reagieren und auf sein Umfeld reagieren. Ein kurzes Beispiel ist der Kellner oder die Kellnerin, die natürlich mehr Trinkgeld bekommt, wenn er oder sie höflich ist zu den Gästen. Und wenn die Kellnerinnen oder der Kellner unhöflich ist, dann gibt es gar kein Trinkgeld. Und das ist natürlich auch im eigenen Interesse, weil die Gesellschaft reagiert und jeder einzelne auch reagiert. Und wenn man immer unhöflich ist, dann sind die anderen Menschen auch unhöflich. Und wenn man höflich ist, dann hat man meistens einen guten Tag, weil die anderen auch höflich sind.
Und ich finde, man sollte sich auch bewusst machen, dass man viel von sich zeigt, wenn man unhöflich ist. Genau so, wie wenn man höflich ist. Mann zeigt ja viel von sich, der eigenen Erziehung, der eigenen Moralvorstellungen. Und deswegen finde ich es besonders wichtig, dass man sich höflich verhält, um auch selber ein gutes Bild von einem selbst zu zeigen.
Und vielleicht noch der letzte Punkt, Höflichkeit ist eine sehr, sehr einfache Form, andere Menschen glücklich zu machen.
Ja.
Anderen Menschen ein gutes Gefühl zu geben, anderen Menschen einen schönen Tag zu machen und wohingegen Unhöflichkeit schnell dazu führen kann, dass man anderen Menschen den Tag und die Laune verdirbt. Und noch ein allerletztes Beispiel fällt mir ein und da muss ich dir auch eine Frage stellen, ich habe eine interessante Entdeckung gemacht. Aber diese Entdeckung ist nicht neu. Jeder kennt das. Im Straßenverkehr gilt ein anderer Maßstab für Höflichkeit habe ich das Gefühl. Denn wenn wenn manche Leute sich im normalen Leben so verhalten würden, wie sie sich im Straßenverkehr verhalten, dann würden sie wahrscheinlich regelmäßig in eine Schlägerei verwickelt werden, denke ich, ja, oder würden regelmäßig große Probleme bekommen, weil ich das Gefühl habe, dass manche Leute auf der Straße oder im Auto absolut vergessen, was Rücksicht und was Höflichkeit bedeutet. Und das ist, dass es kein Grund ist, nur weil das Auto schneller fahren kann, dass man eine Person bedrängt oder dass man hupt oder Fernlicht macht oder sich aufregt oder rumschreit. Ich glaube, manche müssen einfach mal ein bisschen locker bleiben und ein bisschen entspannt bleiben. Ein bisschen ruhig bleiben.
Das war, das war ein gutes Schlusswort, Robert. Locker bleiben, entspannt bleiben, sehe ich genauso. Wahrscheinlich hat es im Auto damit zu tun, dass wann sich ein bisschen abgeschottet fühlt. Man fühlt sich ja nicht direkt erkannt im Auto und man wird nicht direkt konfrontiert. Die andere Person hat ja keine Chance, etwas zu sagen. Sie ist ja gleich wieder verschwunden. Und wahrscheinlich erlauben sich manche Menschen, unhöflich zu sein, wenn sie im Auto sitzen, weil sie keine direkte Reaktion erwarten können.
Im Auto erkennt man das wahre Gesicht eines Menschen, vielleicht den wahren Charakter. Alles, was so an Erziehung und an sozialen Normen da ist, verschwindet plötzlich im Auto und man kann vielleicht mal ein paar Minuten oder ein paar Stunden die Bestie sein, die man in Wirklichkeit ist.
Jetzt habe ich einen guten Tipp für all diejenigen, die gerade jemanden Daten. Steigt doch mal ins Auto und schaut euch die Person eurer Wahl noch mal genau an.
Macht den Autotest.
Genau, macht den Autotest, beobachtet sie beim Auto fahren, und dann werdet ihr wissen, ob’s der oder die – Person fürs Leben ist.
Man sagt ja eigentlich, wenn du mit einer Person in den Urlaub fährt, weißt du, wie die Person wirklich ist. Aber, ich glaube, Abri und ich haben herausgefunden, wenn du mit der Person Auto fährst, dann weißt du, wie sie wirklich ist.
Ja und am besten sucht euch dafür eine viel-befahrene Strecke mit einer kleinen Baustelle aus.
Im Feierabendverkehr, in der Rushhour.
Genau.
Und wenn die Person sich ganz ruhig mit euch unterhält und nett ist und andere vorlässt und sich nicht provozieren lässt, dann ist das wahrscheinlich eine sehr nette Person.
Du, ich glaube das ist ein richtig guter Tipp, weil ich glaube, dass man jemanden wirklich kennenlernt, wenn man ihn oder sie dabei beobachtet, wie er oder sie mit seinen Mitmenschen umgeht.
Ja.
Ich glaube, da kriegt man ganz, ganz viel über die Person heraus und erst, wenn man bewusst wahrnimmt, dass diese Personen im Umgang mit anderen gut ist, dann kann man auch sicher gehen, dass sie gut zu einem selbst ist.
Und ich möchte noch zum Schluss ganz kurz sagen, ich möchte nicht sagen, dass jeder, der sich im Auto aufregt, ein unhöflicher Mensch ist. Das ist nicht meine Aussage. Aber es gibt natürlich einen Unterschied, ob man sich aufregt über irgendetwas oder ob man sich über etwas ärgert, oder, ob man wirklich aggressiv und gefährlich mit anderen Menschen umgeht und auch gefährliche Manöver macht, nur um jemandem zurechtzuweisen oder so.
Ja.
Ja. Ja, liebe Hörerinnen und Hörer, was können wir euch zusammenfassend mitgeben? Höflichkeit ist das Einverständnis, dass wir bestimmte Normen brauchen, um zusammenleben zu können. Höflichkeit ist ein einfacher Weg, andere Menschen glücklich zu machen. Höflichkeit schafft Sicherheit und schafft Vertrauen. Und Höflichkeit besteht vor allem aus Rücksicht, aus Respekt und auch aus ein bisschen Freundlichkeit. Und in diesem Sinne – Seid schön höflich und habt eine schöne Woche bis ganz bald.
Eine wichtige Sache noch, Höflichkeit ist auch die Wahl deiner Worte. Also schau dir die Sprache dazu noch mal genauer an! Und Robert und ich werden uns Übungen und auch ein paar wichtige Sätze überlegen und diese auf der Website hinterlegen.
Ja. Damit euch keiner falsch versteht und niemand denkt, dass ihr unhöflich seid.
Genau.
So.
Macht’s gut.
Bis dann. Tschüs.
Tschüs.
Vielen Dank!
Vielen Dank für eure Arbeit, das finde ich wunderbar und praxisnah!
Sehr interessantes Thema.
Die Standpunkte der Redner ähneln meinen.
Ausgezeichnet wie immer.
Vielen Dank, Darko. Das freut uns sehr.