WhatsApp & Facebook
Am Donnerstag wurde bekannt, dass das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook das Chat-Programm für Smartphones, WhatsApp, übernommen hat. 19 Milliarden US-Dollar soll Facebook für das 50 Mitarbeiter starke Unternehmen hingeblättert haben. Bei 450 Millionen registrierten Whats-App-Nutzern weltweit sind das rund 42$ pro Nutzer beziehungsweise Telefonnummer.
Warum hat Facebook für WhatsApp so viel Geld bezahlt?
19 Milliarden US-Dollar für ein Unternehmen von der Größe sind eine fast schon maßlose Summe! Wie kann ein Chat-Programm mit 50 Mitarbeitern so viel wert sein? Die Antwort liegt sicherlich nicht in der Software – denn auch Facebook verfügt über ein in seine Plattform integriertes Chatprogramm. Eher spielen die Nutzerzahlen und auch die Nutzer selbst eine Rolle.
Wenn man unterstellt, dass der Nutzer bei Facebook nicht Kunde, sondern Produkt ist, klingen 42$ pro Kunde und Telefonnummer gar nicht so übel. Außerdem wird ein Konkurrent eingegliedert, dem man wohl anders nicht mehr Herr geworden wäre.
WhatsApp war das, was Facebook für viele Nutzer noch vor ein paar Jahren war. Es erschien “klein”, frisch und praktisch. Dass WhatsApp nicht gerade ein Musterschüler in Datenschutz war, lassen sich schon beim Runterladen der App anhand der zahlreichen Berechtigungen sehen, die man der App übertrug: Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung, Stand Juli 2012. Liegt nur in englischer Sprache vor.
Trotzdem kümmerten sich immerhin 450 Millionenn Nutzer nur beiläufig um solche Sicherheitsbedenken. Im Vordergrund stand die Unkompliziertheit. Man verabredete sich schnell, machte einen Gruppenchat auf, plante Lerngruppen oder auch Fahrten zu Festivals oder einfach ein Kaffeetrinken – und man musste kein Geld mehr für SMS bezahlen oder konnte seine SMS-Flat kündigen. Viele Nutzer neigten dazu, sehr private Informationen WhatsApp auszutauschen – Informationen, die sie nach dem öffentlichen Misstrauen, das Facebook gegenübergebracht wurde, dort wohl gar nicht oder nur in abgespeckter Form weitergegeben hätten. WhatsApp stand für kleine private Konversationen.
Warum kehren plötzlich so viele Leute WhatsApp den Rücken?
Obwohl oder gerade weil Facebook das größte soziale Netzwerk der Welt ist, scheint ihm mittlerweile ein gewisses Maß an Skepsis entgegengebracht zu werden. Zahlreiche Berichte in den Medien wie auch eigenmächtige Änderungen in den Nutzerprofilen (Facebook-E-Mail-Adresse, Änderung der Sichtbarkeit der eigenen Timeline) ließen Facebook vom vielgeliebten Vernetzungsmedium zur kritisch beäugten Notwendigkeit abrutschen, auf die aber nur wenige verzichten möchten oder können.
Die Tatsache, dass unmittelbar nach Bekanntwerden der Übernahme von WhatsApp durch Facebook viele Deutsche WhatsApp-Kunden zum schweizerischen Dienst Threema abwanderten, ist ein Indiz dafür, dass Facebook hierzulande weniger fest im Sattel sitzt, als bisher angenommen. Auch in den USA gibt es einen Massenexodus zu anderen Chat-Anbietern, allen voran Telegram. Wirklich sinnvoll ist diese plötzliche Massenflucht nicht, zumal WhatsApp als Teil des Facebook-Konzerns eher sicherer wird, da vereinbarte Mindeststandards am Datenschutz erfüllt werden müssen. Zugegebenermaßen ist es an den Haaren herbeigezogen, dass Facebook bald ein ähnliches Schicksal wie studiVZ erleiden wird. Ein Chat-Programm kann man viel leichter wechseln, als ein über Jahre gewachsenes Netzwerk.
Könnte es denn auch sein, dass bei der Empörung eine gehörige Portion Neid mitspielt? Man hat gehört, dass Datengigant Facebook eine schwindelerregende Summe für das süße Chatprogrämmchen WhatsApp zahlte und wollte dem Platzhirsch eins auswischen. Solidarität mit David, der von Goliath geschluckt wurde? Um WhatsApp und Facebook kommt man jedenfalls immer schwieriger herum.
Mich würde interessieren, ob MC Fitti jetzt immer noch WhatsApper oder mittlerweiler Threemaner ist:
Einige WhatsApp-Berechtigungen: Zugriff auf
- Telefonbuch
- Identität des Eigentümers
- Identität des Handys
- Termine
- Kamera
- Ortungsdienste
- Bibliotheken
- Mikrofon
- Datendienste
- …
Nutzt du WhatsApp oder hast du es gelöscht? Warum, denkst du, wechseln so viele Menschen zu einem anderen Chat-Programm? Denkst du, man kann überhaupt auf WhatsApp und Facebook verzichten?
WhatsApp in den Medien
- Ein Interview mit EDV-Experte Stefan Löffelbein in der WAZ
- Wunderbarer Kommentar von Lea Weitekamp über die Ausstiegsgründe der WhatsApp-Nutzer
- Die Süddeutsche Zeitung schreibt über den rasanten Zuwachs bei Threema